Freitag, 9. Dezember 2011

Der Uramerikanische Muslim: Die Gefahren von Propaganda

Daniel Greenfield über die US-Variante von "Türkisch für Anfänger".

Termini technici
All-American Muslim: Uramerikanischer Muslim

(weitere Anmerkungen in Klammern)


Die Fernsehserie "Uramerikanischer Muslim" liegt in den letzten Zügen. Die letzte Episode der Serie hatte, bezogen auf die Sendezeit, nicht nur die niedrigste Quote und verlor wieder gegen Homeland, sondern war unter den Top-100 für Erwachsene auch die am niedrigsten bewertete Sendung des Abends. Während die Quoten für Homeland besser wurden, sind die "Uramerikanischen Muslime" so tief gesunken, daß sie direkt über dem Abgrund schweben.

Jetzt kommen die Geier und Discovery Communications wird von Visionaire Media mit der Behauptung verklagt, ihre Idee für eine "Sendung über amerikanische Muslime" ohne Entschädigung gestohlen zu haben. Discovery Communications -- die für die Katastrophengebiete TLC (vormals "The Learning Channel"), Discovery Channel, Animal Planet und weitere Lern-Konzepte zuständig sind, die mit geringen Unterschieden jeweils den gleichen Reality Inhalt haben -- könnten nun erwägen, Visionaire den Abspann für den "Uramerikanischen Muslim" zu überlassen, da der Ruhm nach nur einem Monat eher wie eine Blamage aussieht.

Die Medien, die den "Uramerikanischen Muslim" enthusiastisch begrüßten, haben nichts mehr zu sagen. (Auch bei "Türkisch für Anfänger" herrschte ungewöhnliche Einigkeit in den Feuilletons der deutschen Tagespresse, doch letztlich fanden sich nicht genügend Feuilletons, die bereit waren, die Serie weiter zu finanzieren, denn die erste Folge der 2. Staffel erreichte einen enttäuschenden Marktanteil von 8,1%.) Es gibt kaum noch Berichte, und die wenigen, die auftauchen, machen deutlich, daß der Autor nicht mehr als die erste Episode sah. (Das scheint auch auf dontyoubelievethehype.com der Fall zu sein: "Ich bin normalerweise kein Fan von Reality-TV, aber dieses Konzept finde ich interessant, da es die Vielfalt unter den Muslimen zeigt.") Das tödliche Geheimnis der "Uramerikanischen Muslime" ist, daß sich nicht einmal die liberalen Linken in den Medien dafür interessieren.

Das ist das Problem mit Propaganda, sie ist es nicht besonders interessant. Negative Propaganda kann unterhaltsam sein, positive Propaganda ist erdrückend. Der "Uramerikanische Muslim" wirbt mit einer schwachen Reality-Show Theatralik für den Islam, dessen Wert hinsichtlich Unterhaltung und Drama im Vergleich zur Konkurrenz minderwertig ist. Die Serie ist so sehr entschlossen, für ihre Ziele zu werben, daß sie ganz und gar scheitert, interessant zu sein.

Mit "Freitag Nacht" ("Friday Night Bites"), der vierten Folge, verfolgt die Serie weiter ihre Besessenheit, die Frauen in der vom Imam abgesegneten Mode zu kleiden und diese islamische Frischzellenkur dem allgemeinen Publikum zu präsentieren. Die Geburt eines Kindes von einem der Paare führt zu einer Lobhudelei des muslimischen Gebetsrufes und die Abenteuer auf der Fordson High School bringen mehr Ramadan als jemals zuvor.

Es würde zu weit führen, irgendetwas davon als interessant zu bezeichnen. Den "Uramerikanischen Muslim" zu sehen, ist als würde man einen 40-Minuten-Werbespot sehen, in dem lächelnde Leute ein Produkt nehmen, über die Vorzüge reden und sie ausführlich diskutieren, um Sie davon zu überzeugen, das Produkt zu kaufen. Es ist kein Wunder, daß das Publikum beim fluchtartigen Verlassen der Sendung schneller ist als die Ungläubigen im Nahen Osten.

Der "Uramerikanische Muslim" zielt auf jemand, der am Islam sehr interessiert, an Dimension und Tiefe jedoch völlig desinteressiert ist, jemand, der Frauen sehen will, die Hijabs zurechtrücken und über das Fasten diskutieren, aber überhaupt nichts darüber wissen will, wie es die Religion schafft, mit den gewalttätigen Tendenzen in ihrer Mitte als friedlich zu gelten, oder sich nicht für den Hintergrund interessiert, wie Frauen zu Schuldgefühlen veranlaßt werden, damit sie den Hijab tragen, oder Nicht-Muslime gezwungen werden, sich nach dem Ramadan der Muslime zu richten.

In Europa sind diese Themen ziemlich explosiv, und in den Vereinigten Staaten entwickeln sie sich zu ernsthaften Problemen, doch der "Uramerikanische Muslim" präsentiert sie unkritisch und ohne jeden Kontext. Für jeden, der mit Terrorismus vertraut ist, ist das Betrachten der Sendung ein bißchen wie eine klassische Zigarettenwerbung, bei der man bei der Begeisterung des Erzählers über die Vorzüge einer Camel ein leichtes Unbehagen empfindet. Egal, was Sie vom Rauchen halten, es entsteht ein Gefühl, daß ein ernsthaftes Problem ignoriert wird. Dieses Gefühl befällt das Publikum der "Uramerikanischen Muslime", das auf eine Butterfahrt des muslimischen Lebens mitgenommen wird, ohne ihm einige der problematischen Nebenwirkungen zu erklären, wie die systematische Unterdrückung von Frauen, die religiöse Verfolgung von Minderheiten und die Kriminalisierung von abweichenden Meinungen.

Die fallenden Quoten zeigen, daß inzwischen auch die Sympathie der liberalen Linken auf ein anderes Programm umgestiegen ist. Sie mögen es aus Angst, als Islamophobe gebrandmarkt zu werden, zwar nicht aussprechen, aber selbst die verträglichsten und aufgeschlossensten Menschen der Welt würden nur selten eine Fernsehsendung mögen, die sich als herablassender Vortrag oder Dauerwerbesendung herausstellt -- und der "Uramerikanische Muslim" ist beides.

Aber wie bei jeder Propaganda kommen die interessantesten Momente dann, wenn man zwischen den Zeilen liest und merkt, mit welcher Anstrengung versucht wird, die unausgesprochenen Annahmen zu verkaufen. Je mehr die Sendung den Hijab und islamische Frauenkleidung bewirbt, desto deutlicher kommt die gedankenlose Zielstrebigkeit der Serie zum Ausdruck, die vorgibt, diesen Kleidungsstandard zu kritisieren, es aber nie tut, weil sie es nicht tun kann. Freiheitliche Standards können vorübergehend akzeptiert werden, aber es ist nicht möglich, sich vom Prinzip des Hijab oder der anderen unausgesprochenen Annahmen zu trennen, die das muslimische Leben formen -- sogar in einem Land der Ersten Welt.

Propaganda ist auf ihre eigene Art und Weise aufschlußreich, weil sie uns etwas über die Denkweise der Menschen sagt, die sie machen. Je öfter uns der "Uramerikanische Muslim" sagt, wie wir die Welt sehen sollten, desto mehr sagt er uns in Wirklichkeit darüber, wie er uns und die Welt sieht.

Die Fernsehserie geht stillschweigend von der Prämisse aus, daß sich das muslimische Leben in Amerika von dem im Libanon unterscheidet, es ist aber nicht allzu klar, daß dies der Fall ist. Nehmen wir zum Beispiel ein Fußballspiel, dann könnte die Serie sowohl in Beirut als auch in Dearborn spielen. Sie könnte nicht im Iran spielen, wo die schiitischen Geistlichen, die Sie gelegentlich bei den "Uramerikanischen Muslimen" sehen, ihre Leitkultur durchgesetzt haben.

Je mehr diese islamischen Geistlichen ihren Kopf durchsetzen, desto weniger wird über den Hijab oder über Fußball diskutiert, wobei zu berücksichtigen ist, daß es im Iran als Zugeständnis erachtet wird, daß Frauen erlaubt ist, an Fußballspielen teilzunehmen. Und das ist die große unausgesprochene Variable in der Gleichung der "Uramerikanischen Muslime". Es ist der amerikanische Kontext, der Abweichungen ermöglicht.

Im Libanon hat sich herausgestellt, daß religiöse Koexistenz nahezu unmöglich ist. Im Iran werden die Sunniten unterdrückt. In Bahrain werden die Schiiten unterdrückt. Im Irak bekämpfen sich Sunniten und Schiiten. Wenn wir uns ein "urmuslimisches" Amerika vorstellen sollen, wäre es ein Ort, wo Schiiten und Sunniten einander respektieren, geschweige denn die Mitglieder nicht-muslimischer Religionsgemeinschaften? Ein kurzer Blick auf die Welt beantwortet die Frage.

Es ist schade, daß die "Uramerikanischen Muslime" zu sehr damit beschäftigt sind, uns zu sagen, was wir denken sollen, wenn es um Fragen geht, die für ihre und unsere eigene Zukunft von großer Bedeutung sind.
Hier finden Sie den Originalartikel, All-American Muslim: The Perils of Propaganda.