Freitag, 2. März 2012

Assads Absetzung wird Syrien nicht retten

Daniel Greenfield erklärt, warum liberale linke Aufklärer scheitern, wenn sie hoffen, aus Ägypten, Tunesien oder Libyen etwas wie Deutschland, England oder Frankreich machen zu können -- die jüngste Zahl in Höhe von 30.000 Toten geht übrigens auf das liberale linke Konto in „Libyen: Vom Westen unterstützte Rebellen vernichteten ganze Stadt“.

(Anmerkungen in Klammern)


Nach dem 11. September 2001 wäre es eine vernünftige Sache gewesen, Maßnahmen zu ergreifen, die uns vor islamistischem Terror schützen. Stattdessen gingen wir auf einen Kreuzzug, um Muslime vor sich selbst zu schützen. Der letzte Halt für diesen Kreuzzug ist Syrien, wo uns außenpolitische Experten, die für Jahrzehnte entsetzlicher Fehleinschätzungen verantwortlich sind, sagen, daß wir die Pflicht haben, das syrische Volk vor ihrem Diktator zu retten.

Wir fragen nur selten, warum es so ist, daß wir die Muslime so oft vor ihren Diktatoren retten müssen. Oder warum eine Partei, die mit dem Wahlversprechen, keine Muslime mehr zu bombardieren, um Amerikas Ruf zu verbessern, jetzt so viele Muslime bombardiert, und so oft, daß George W. Bush dagegen wie ein Batik-Hippie aussieht.

Die Obama-Administration war beim Regimewechsel in Ägypten, Tunesien und Libyen dabei, alles innerhalb eines Jahres. Zusammen mit den anderen „Freunden von Syrien“ möchte sie Muslime bombardieren, um in Syrien den Weg zum Regimewechsel freizumachen. Der Sinn all dieser Regime-Wechsel liegt darin, totalitäre muslimische Regime durch demokratisch gewählte totalitäre muslimische Regime zu ersetzen -- basierend auf der Theorie, daß dies alle glücklicher machen wird.

Der Grund, warum muslimische Länder mit Diktatoren enden, zeigt sich auf Libyens Straßen, wo Milizen herumspazieren und ehemalige Mitglieder des Regimes und jeden mit schwarzer Haut für eine Runde Folter und eine Kugel in den Hinterkopf auf die Straße zerren. Ziehen Sie die Präsidenten, Obersts und andere Anzug tragende Tyrannen ab, die an der Spitze einer Oligarchie den dicken Max machen wollen, und Sie haben das, worauf jedes muslimische Land reduziert wird.

Um das Problem mit Syrien zu verstehen, genügt ein Blick auf den benachbarten Libanon, wo jeder Versuch einer Koalitionsbildung zwischen verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen immer und immer wieder schief gegangen ist. Die herrschenden Alawiten müssen sich an der Macht halten, weil die Alternative ist, eine unterdrückte Minderheit zu sein. Die Sunniten müssen nach Macht streben, weil die Alternative ist, eine unterdrückte Minderheit zu sein. Dieses Muster wiederholt sich in der gesamten Region.

Der westliche Multikulturalismus funktioniert nur in dem Maße, in dem er es tut, weil die Europäer und ihre Nachkommen zugestimmt haben, Macht und Privilegien an Minderheiten abzutreten und gleichzeitig das Vertrauen in den Rechtsstaat zu pflegen, um gleiche Rechte für alle zu schützen. Lächerlich undenkbar ist ein solcher Zustand in den Ländern, bei denen wir davon ausgehen, daß sie das gleiche Wertesystem annehmen.

Die einzige Form des Schutzes für eine Minderheit in der muslimischen Welt ist es, entweder an die Macht zu gelangen oder eine Koalition mit der regierenden Partei zu bilden. Solche Koalitionen sind von Natur aus zerbrechlich, weil rassische und religiöse Stammes-Instinkte am Ende immer wichtiger sein werden als Vereinbarungen. Mohammeds Verträge waren nicht wertlos, weil er eine doppelzüngige machtbesessene Person war, sondern weil in der Region alle Verträge wertlos sind. Nach seinem Tod endete die islamische Nachfolge mit Mord und Bürgerkrieg unter seinen eigenen Familienmitgliedern und Verbündeten.

Muslime betrachten den Islam als ein zentrales einigendes Prinzip der universellen Verbundenheit, doch es ist nichts dergleichen. In Wirklichkeit ist er eine Entschuldigung für konstante interne Gewalt. Der Islam schafft Loyalitäten und Ausreden für Machtkämpfe, die vorher nicht vorhanden waren. Unter den Gewändern und Bärten und Koranen steckt eine weitere Oligarchie mit Familien-Mafias, die ihre unrechtmäßig erworbenen Gewinne umklammern, wie es im Iran der Fall ist und wie es in Ägypten der Fall sein wird, wo die Bruderschaft bereits einen Vorsprung bekommen hat.

Wie kann unter Bedingungen wie diesen eine Demokratie existieren, die etwas anderes ist als ein vorübergehender Zustand? Sobald eine Religion eine überwältigende Mehrheit hat, wird sie zu einem Werkzeug für Tyrannen, wie es bei den ägyptischen Wahlen der Fall war. Wird das Land ausreichend entlang religiöser Grenzen aufgeteilt, wie es im Irak der Fall ist, dann kommt es zu einem längeren Kampf zwischen beiden Seiten, die ihre Positionen markieren und in Vorbereitung auf einen Bürgerkrieg ihre Koalitionen bilden.

So zu tun, als ob dies alles mit ein paar Lehrstunden in Sachen Demokratie gelöst werden kann, ist absurd, vor allem, wenn sich solche Probleme selbst in den Ländern in die Länge ziehen, die den Unterricht geben; fragen Sie einfach die Flamen oder die Basken. Nationen können solche Spaltungen nur überwinden, wenn sie höhere Werte haben, nach denen zu streben. Der einzige „höhere Wert“ den es im islamischen Kulturkreis gibt, ist die Religion des Islam, und er ist nur eine weitere Quelle für Konflikte zwischen Glaubensgemeinschaften.

Der moderne Staat entstand in Europa nicht über Nacht, und obgleich die Kolonisation des Nahen Ostens die Fassaden moderner Staaten hinterlassen hat, die einen Teil der Rituale und Sitten ihrer Kolonisatoren erkennen lassen, sind sie keine modernen Staaten. Oft sind sie nicht einmal Staaten. Sie sind Clans in Städten, die von Ausländern für sie gebaut wurden und die eine Technologie benutzen, die ihnen von Fremden verkauft wurde, und die einfach nur automatisch dem vorgeschriebenen Ablauf einer Republik folgen, die von Ausländern für sie geschaffen wurde.

Hinter der Fassade ist die Sippe wichtiger als der Staat, ist die Religion wichtiger als der Staat, und der Staat existiert vor allem als Vehikel für die Ambitionen der einflussreichsten Familien, die die ganze Sache zu ihrem eigenen Vorteil betreiben und den Rest des Landes ein wenig subventionieren. Wird eine Familie gestürzt, nimmt eine andere ihren Platz ein. Einige werden entsetzlicher sein als andere. Saddam war selbst nach den Maßstäben der Region ein Monster. Die Assads sind schlimmer als einige, aber besser als andere.

Assads Absetzung wird Syrien nicht retten. Sie wird Macht von der Splittergruppe der Sekte der schiitischen Alawiten auf die Sunniten und die Muslimbruderschaft übertragen. Dies wird nicht nur für die Alawiten schlecht sein, sondern auch für die syrischen Christen und anderen Minderheiten, die es dort noch gibt. In Ägypten hat die von den Medien nicht gemeldete ethnische Säuberung der Kopten bereits begonnen. In Syrien gab es bereits einige Angriffe der Miliz. Und es wird nur noch schlimmer werden.

Es sollte nur eine Rechnung angestellt werden, um festzustellen, ob wir Assad absetzen, und zwar, ob Assads Absetzung für uns gut sein wird. Uns wurde reichlich demonstriert, daß wir Muslime nicht vor sich selbst retten können. Wir können sie in der Zeit nicht tausend Jahre vorwärtskatapultieren, nur weil sie Handys nutzen und einen Premierminister haben. Fortschritt äußerlich überzustülpen funktioniert nicht. Vor allem nicht bei Kulturen, die ihre eigenen Anpassungen machen müssen und ihren eigenen Weg gehen.

Der Kreuzzug zur Rettung der Muslime vor sich selbst -- zur demokratischen Missionierung -- hat uns mehr Menschenleben gekostet als der 11. September, vergeblich. Es war etwas Edles in dem Glauben, daß wir unsere Truppen einmarschieren lassen, ein Volk von seinem Tyrannen befreien, und daß sich ihre Seelen öffnen würden und eine neue Welt entsteht. Dieser Glaube wurzelte jedoch in einem säkularisierten religiösen Ideal, verziert mit dem Sahnehäubchen des amerikanischen Sonderwegs. Der springende Punkt beim Sonderweg ist jedoch, daß er nicht universal ist. Das unvermeidliche Ergebnis ist nicht Amerika (oder Deutschland, England oder Frankreich). Es ist eine Reihe von Anpassungen und Experimenten, abgeleitet aus einem bestimmten Satz von Historien. Es kann nicht verallgemeinert oder universell angewandt werden.

Wir können Muslime nicht vor sich selbst retten. Aber wir können uns selbst vor ihren Turbulenzen, ihrer religiös geprägten Gewalt und ihrer kulturellen Instabilität retten. Je mehr wir uns ihnen annähern, desto mehr laufen wir Gefahr, ihre Gewalt und Instabilität zu importieren.

Die Aufgabe von Regierungen besteht nicht darin, anderen unser Leben zu verkaufen. Sie besteht darin, unser Leben vor anderen zu beschützen. Es ist höchste Zeit, daß wir aufhören, die Welt als Wohltäter, Psychiater und Polizisten zu beglücken und zusehen, unsere eigenen Interessen in den Vordergrund zu stellen. Das bedeutet nicht Isolationismus. Unsere Freundschaften mit anderen Ländern werden dadurch nicht ausgeschlossen, aber diese Freundschaften sollten in unserem Interesse sein.

Die Vereinigten Staaten haben sich der dysfunktionellen Gewalt von Problemländern und Problemvölkern unter Vernachlässigung ihrer Interessen und Verbündeter so lange angenähert wie der Hausbesitzer, der seine Familie aus dem Haus wirft und in seinem Wohnzimmer die Drogenabhängigen von der Straße aufnimmt. Traditionelle Bindungen wurden ersetzt durch die Besessenheit, Krisenherde zu reparieren. Diese Sozialarbeit war teuer und sie hat nicht funktioniert.

Es ist Zeit, daß wir aufhören, zu versuchen, die Menschen vor sich selbst zu retten und anfangen, zu versuchen, uns selbst zu retten. Während wir anderen Lehrstunden über gute Regierungen geben, verrottet unsere eigene Regierung. Während wir anderen Geld geben, geht uns das Geld aus. Während wir uns für die geknechteten Massen der Welt einsetzen, sind wir selbst und unsere Familien in Gefahr.

Ein neues Zeitalter des Terrors ist angebrochen. Es ist Zeit, dies zu erkennen. Es ist Zeit, aufzuhören, Muslime vor sich selbst zu retten und daran zu arbeiten, uns selbst und unsere Verwandten vor ihnen zu retten.
Hier finden Sie den Originalartikel, Taking Down Assad Will Not Save Syria.