Montag, 10. März 2014

Geschichtsschreibung als Schadensbegrenzung

Ralph M. Coury zitiert Zionismus.
History writing that aims at damage control

22. Februar 2014 — Sir Simon Schama schreibt am 15. Februar in LIFE & ARTS im Artikel »Barmherzigkeit und Konflikt« (»Compassion and conflict«), Ari Shavit »tut diese äußerst schwierige Sache: Erzählen, wie es ist -- auch wenn Klarheit Grausamkeit mit auf die Reise bringt.« Das ist oft schlicht falsch, wie die Betrachtung, wie Shavit eine Reihe von Themen behandelt, deutlich macht. Die zionistischen Pläne für den Transfer der palästinensischen Bevölkerung ist ein Beispiel.

Shavit behauptet, daß solche Pläne vor allem aus der gewaltsamen arabischen Revolte folgten, die im Jahr 1936 ausbrach und die britische Peel-Kommission im Jahr 1937 dazu führte, einen Zwei-Staaten-Teilungsplan (two-state partition) zu empfehlen. »Von diesem Moment an«, schreibt Shavit, »wurde die Idee des ›Transfers‹ -- die Entfernung der arabischen Bevölkerung, zu einem Teil des Denken der zionistischen Hauptströmung ... Was absolute Ketzerei war, als der Zionismus ins Leben gerufen, wurde zur gängigen Meinung, als der Zionismus einer rivalisierenden Nationalbewegung von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand.«

Die Tatsache ist, daß die »Ketzerei«, von der Shavit spricht, von Anfang an ein Hauptstrom der zionistischen Spekulationen war. Theodor Herzl, der Gründer der zionistischen Bewegung schreibt im Jahre 1895 in seinem Tagebuch, die neuen Siedler sollten den Grundbesitz der Eingeborenen »sanft« enteignen (»gently« expropriate the natives’ property) und: »Wir werden versuchen, die mittellose Bevölkerung über die Grenzen zu zaubern (to spirit), indem wir Arbeitsstellen für sie in den Transitländern finden und zugleich ihnen jede Anstellung in unserem eigenen Land vorenthalten. Die Grundbesitzer (property-owners) werden auf unsere Seite kommen. Doch der Prozess der Enteignung und der Vertreibung der Armen muß diskret und umsichtig durchgeführt werden. Lassen Sie die Eigentümer von Immobilien glauben, daß sie uns betrügen, uns Dinge für mehr verkaufen, als sie wert sind. Doch wir werden nicht im Begriff sein, ihnen irgendetwas zurückzuverkaufen (to sell them anything back).« (The Complete Diaries, NY, 1960, Bd. 1, S. 88)

Die Auslassungen und Halbwahrheiten in Shavits Arbeit sind typisch für einige zeitgenössische israelisch-zionistische Geschichtsschreiber, die auf Schadensbegrenzung bedacht sind, wobei sich der Schaden hier auf die Zerstörung der traditionellen israelisch-zionistischen Geschichtserzählung (narrative) bezieht, die auf »revisionistische« israelische Historiker in den 1980er Jahren zurückgeht.

Ralph M. Coury, New Haven, Connecticut, USA, emeritierter Professor für Geschichte, Universität Fairfield, Connecticut, USA
Hier finden Sie den Originalartikel, History writing that aims at damage control.

Auf der Suche nach den Zitaten von Theodor Herzl ging noch ein Auszug von Arn Strohmeyers Rezension von Avraham Burgs Buch »Hitler besiegen: Warum Israel sich endlich vom Holocaust lösen muss« ins Netz:
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Und Ben Gurion bekannte nach der Staatsgründung in einem Brief an den Präsidenten des Jüdischen Weltkongresse Nahum Goldmann: »Wenn ich ein arabischer Führer wäre, würde ich niemals eine Einigung mit Israel anstreben. Das ist ganz natürlich: Wir haben ihr Land in Besitz genommen. Sicher, Gott hat es uns versprochen, aber was haben sie damit zu tun? Unser Gott ist nicht der Ihre. Wir kommen von Israel, das ist wahr. Aber 2000 Jahre ist das her, was geht sie das an? Es hat Antisemitismus gegeben, die Nazis, Hitler, Auschwitz, aber war das ihre Schuld? Sie sehen nur das Eine: Wir sind hierher gekommen und haben ihr Land gestohlen. Warum sollten sie das einfach hinnehmen?«

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